Bei der Gabe einer Spende ist es jedem klar: Gebe ich Geld für einen Verein, der Sorge dafür trägt, dass Bienen nicht aussterben, wird mein Geld (vermeintlich) für die Schaffung von Lebensräumen für Bienen verwendet – und tut somit etwas Gutes für die Bienen und die Natur. Rein wissenschaftlich betrachtet, erhoffe ich mir dafür – während der Dauer meiner Existenz – eine Rendite in Form einer gesunden Natur, in der Früchte wachsen, von denen ich existieren kann. So könnte Geld jederzeit die Welt verbessern. Aber wie soll das in unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem funktionieren, in der bisher nur Keynesianer und Monetaristen über Angebots- und Nachfrageorientierung sinnieren und „echte“ Nachhaltigkeit vernachlässigt wird?
Unser aktuelles Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ist nicht nachhaltig. Wir konsumieren, schmeißen weg, produzieren neu, verpesten die Luft, roden Wälder und Lebensräume für Tiere. Dabei vermüllen wir unsere Erde und fügen ihr Schaden zu, der durch Klimawandel, den Verlust von Biodiversität, Landnutzungsänderungen oder menschliche Eingriffe bereits spürbar ist.
Die Menschheit gibt ihr ökologisches Kapital mit vollen Händen aus.
Gesellschaftliches Umdenken und Geldstromverlagerung nötig
Damit wir dieser Entwicklung entgegenwirken, Schadensbegrenzung begehen, ist ein gesellschaftliches Umdenken erforderlich. Neue Wege müssen beschritten werden. Innovationen in Technologien, die in Harmonie mit der Natur funktionieren und sie nicht ausrauben. Dafür brauchen wir gute Fachkräfte, neue Denkanstöße in der Forschung – vielleicht liegt der Schlüssel auch in der Digitalisierung.
Kapital ist in zweierlei Hinsicht erforderlich. Zum einen, um die Innovationen, Fachkräfte und Forschung zu bezahlen und zum anderen, um Bewegung in die Geldströme zu bekommen. Denn Märkte agieren und reagieren, ebenso wie die Natur, in einem Kreislauf. Veränderungen innerhalb eines Marktes – das kennen wir von Angebot und Nachfrage – rufen Bewegungen in anderen Märkten hervor. So können auch große Geldströme positive oder negative Entwicklungen innerhalb der unterschiedlichen Märkte hervorrufen.
Fließen somit große Kapitalströme in ein Makro-Marktsegment „Nachhaltigkeit“, entstehen dort Arbeitsplätze, weitere Ideen und positive Entwicklungen in eine zukunftsfähige Richtung. Deswegen ist insbesondere der Kapitalmarkt eine wesentliche Stellschraube für den Wandel hin zu mehr Klimaschutz und einem nachhaltigen Umgang mit den globalen Ressourcen.
Im Mikro-Marksegment erläutert: Fließt beispielsweise Kapital eines Investors in ein Start-Up, das ein innovatives Verfahren entwickelt hat, das Meer zu säubern, unterstützt das Kapital die Säuberung des Meeres. Neben dem positiven Einfluss auf das Meer entstehen in dem jungen Unternehmen weitere Arbeitsplätze und damit eine „Plattform“ für Menschen, die sich mit nachhaltigen Themen beschäftigen. So entwickelt sich mit unserem Beispielunternehmen bzw. Kapital eine kleine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zum Wohle des Meeres. Unsere Aufgabe ist es, unsere Wirtschaftsmärkte so zu entwickeln, dass sie im Einklang mit dem Kreislauf des Lebens/ der Natur funktionieren.
Diverse Akteure streben einen Wandel an
Auf verschiedenen Ebenen findet in der Finanzbranche bereits ein Umdenken statt. Immer mehr Akteure im Finanzmarkt berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien sowohl bei der Konzeption und auch bei Anlage- und Investitionsentscheidungen.
Diese Nachhaltigkeitskriterien sind in der Finanzbranche als „Environmental, Social and Governance[1]-Kriterien (ESG-Kriterien)“ bekannt. Auch von politischer Ebene wachsen die Anforderungen an nachhaltige Kapitalanlagen. So ist 2020 auf europäischer Ebene ein Klassifizierungssystem in Form der Taxonomie-Verordnung als Bestandteil des sogenannten „Europäischen Green Deals“ in Kraft getreten. Diese legt fest, dass nur jene Wirtschaftstätigkeiten als „grün“ bezeichnet werden, die einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Umweltziele leisten. Gleichzeitig dürfen sie andere Umweltziele nicht erheblich beeinträchtigen.
Das „Impact Investing“ – das wäre auch in dem Meeres-Cleaner-Start-up der Fall – geht noch einen Schritt weiter und setzt sich zum Ziel, neben einer positiven finanziellen Rendite messbare, positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft zu erzielen. Noch handelt es sich bei solch ehrgeizigen Geldanlagen um Nischenprodukte, doch das Interesse von privaten und institutionellen Anlegern an nachhaltigen Finanzprodukten steigt.
Auch die „Divestment-Bewegung“ versucht Investitionen aus unethischen Industrien unter dem Aspekt des Klima- und Umweltschutzes abzuziehen. Dabei boykottiert Divestment nicht den Kapitalismus, sondern nutzt dessen Strukturen, um schlimme Umweltsünden abzuwenden.
Auch die „Divestment-Bewegung“ nutzt die Strukturen des Kapitalmarktes und fordert seit 2012, dass institutionelle Anleger aber auch Privatpersonen ihr Geld aus unethischen Industrien und in nachhaltige Anlagen reinvestieren. Mittlerweile entziehen immer mehr Universitäten, Städte, Versicherungen, Pensionsfonds und Stiftungen der CO2-intensiven, fossilen Industrie die finanziellen Mittel.
Weltweit sind massive Investitionen notwendig, um die Sustainable Development Goals, die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, zu erreichen. Nach Angaben der OECD, der Weltbank und der Internationalen Energieagentur müssten jährlich mehrere Billionen US-Dollar in Gesundheit, Bildung, erneuerbare Energien, Nahrungssicherheit und Umweltschutz fließen.
Eine Umlenkung der globalen Finanzströme stellt somit einen gewaltigen Hebel dar, um Gelder für nachhaltige Investitionen bereitzustellen und gleichzeitig ökologisch oder sozial schädlichen Unternehmungen die Grundlage zu entziehen.
Fazit: Die Welt braucht mehr Kapital in nachhaltige Investments – nur so kann die Transformation des Finanzsystems als wesentliche Stellschraube für den Wandel hin zu mehr Klimaschutz und einem nachhaltigen Umgang mit den globalen Ressourcen funktionieren und die Welt besser machen.
[1] (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung)